Vor rund einem Jahr begann ein Projektteam des Regionsund Wirtschaftszentrums Oberwallis (RWO) mit der Arbeit an einem Zukunftsbild für das Oberwallis. Auftraggeber war der Verein Region Oberwallis, der alle 63 Gemeinden der Region vertritt und der mit Blick auf die grossen Veränderungen durch Wirtschaftswachstum und Zuwanderung den Bedarf an einer neuen Vision für das Oberwallis erkannte. Der Prozess zur Erarbeitung des Zukunftsbilds wurde so gestaltet, dass die Bevölkerung möglichst stark eingebunden werden konnte. Als Resultat liegt nun eine breit abgestützte Vision für das Oberwallis vor: Die Bevölkerung möchte Zusammenarbeit, Solidarität und Gemeinschaft. Entsprechend wünschen sie sich eine positive Entwicklung der Bergdörfer ebenso wie mehr Zusammenarbeit über Branchen und Sprachgrenzen hinweg. Gleichzeitig möchte die Bevölkerung ein offenes, modernes Oberwallis und setzt dabei auf flexiblere Arbeitsmodelle, auf Innovation, Energieautarkie und neue Konzepte im Bereich Mobilität und Wohnen.
Das Oberwallis erlebt seit einigen Jahren ein starkes Wirtschaftswachstum und damit verbunden auch eine aussergewöhnliche Zuwanderung. Menschen aus 119 Nationen leben heute in der Region. Allein im Jahr 2021 sind mehr als 6500 Personen ins Oberwallis gezogen. Die Entwicklung der Region wird zusätzlich von globalen Trends wie der steigenden Tendenz zur Urbanisierung, neuen Familien- und Lebensmodelle sowie einer Transformation der Arbeitswelt durch die Digitalisierung beeinflusst. «In einer solchen Phase des Wandels ist es hilfreich, eine gemeinsame Vision zu haben, an der sich alle orientieren können», sagt Reinhard Imboden, Präsident des Vereins Region Oberwallis. «Damit ein solches Zukunftsbild den Bedürfnissen der Bevölkerung tatsächlich entspricht und von ihr mitgetragen wird, wurden alle eingeladen, ihre Sorgen und Wünsche, aber auch Prioritäten zu teilen. Zwei breit angelegte Bevölkerungsumfragen und eine sorgfältig zusammengestellte Impulsgruppe führten zum heute vorliegenden Zukunftsbild Oberwallis.»
Gemeinsam in die Zukunft
Bereits die Ergebnisse der ersten Umfrage zu den Wünschen und Sorgen der Bevölkerung zeigten eindrucksvoll, dass die Region im Umbruch ist. Die Bevölkerung sieht das Oberwallis nicht (mehr) primär als Tourismusregion oder als Region, die vor allem von Brauchtum und Traditionen lebt. Ein neues Selbstbewusstsein entsteht. «Die Menschen in der Region wollen ein modernes Oberwallis mit Angeboten, die heute vor allem im urbanen Kontext bestehen. Gleichzeitig halten sie an der Bedeutung eines gesellschaftlichen Zusammenhalts fest. Sie möchten Gemeinschaft und Zusammenarbeit und setzen bei der Bewältigung des aktuellen Wandels auf ein starkes Miteinander», fasst Tamar Hosennen, Geschäftsleiterin des RWO, die Erkenntnisse aus der ersten Umfrage zusammen. Eine Impulsgruppe aus Fachpersonen, Schüler:innen, Politiker:innen und interessierten Bürger:innen diskutierte diese Ergebnisse, identifizierte die wichtigsten Handlungsfelder für die Zukunft der Region und entwickelte erste Ideen für das Oberwallis von morgen. Diese wurden wiederum der Bevölkerung vorgelegt.

Kurzfristige Herausforderungen und langfristige Weichenstellung
Während des gesamten Prozesses wurden die Handlungsfelder für das Oberwallis immer deutlicher. Einerseits waren da die bereits stark spürbaren Herausforderungen, denen auch viele andere Regionen in der Schweiz derzeit begegnen: Die Bevölkerung ist um die Sicherstellung der medizinischen Grundversorgung und die Bewältigung des Fachkräftemangels besorgt. «Dass in diesen Bereichen Handlungsbedarf besteht, ist bekannt. Verschiedene Akteur:innen arbeiten bereits an Massnahmen, um diesen Herausforderungen zu begegnen,» ordnet Reinhard Imboden ein. «Längerfristig setzen die Menschen im Oberwallis vor allem auf Kooperation, Synergien und Innovation. Die Bevölkerung wünscht sich mehr Zusammenarbeit – zwischen Wirtschaft und Hochschulen, gemeindeübergreifend, im Tourismus, aber auch mit dem französischsprachigen Wallis.» Mit Blick auf die Zukunft der Bildung setzt die Bevölkerung auf Digital- und Sprachkompetenz und praxisnahen Unterricht. Im Bereich Mobilität sollen das öV-Netz und die Langsamverkehrswege ausgebaut werden. Einen dringenden Handlungsbedarf sehen die Menschen im Oberwallis ausserdem im Umgang mit dem Klimawandel. «Das Wallis verfügt über eine hohe Verfügbarkeit an erneuerbaren Energiequellen. Die Kreislaufwirtschaft war in unserer Gegend früher eher Regel als Ausnahme. Wir verfügen damit über zwei starke Hebel für eine ökologisch nachhaltigere Entwicklung unserer Region. Das möchte die Bevölkerung in Wert setzen», erklärt Tamar Hosennen. Auch die positive Entwicklung der Bergdörfer identifizierten die Menschen im Oberwallis als wichtiges Handlungsfeld. «Wie andere Gegenden auch erlebt das Oberwallis eine Tendenz zur Urbanisierung. Die Zukunft der Bergdörfer aber ist den Menschen sehr wichtig, wie sich im Prozess immer wieder zeigte. Die Oberwalliser:innen wollen keine Polarisierung, sondern Solidarität und ein echtes Miteinander», so Tamar Hosennen.
Eine gemeinsame Basis fur individuelle Strategien
Das Zukunftsbild wird allen interessierten Akteur:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als Orientierung und Inspiration für eigene Strategieprozesse zur Verfügung gestellt. «Das Zukunftsbild dient dem Verein Region Oberwallis als Basis für eine neue Strategie. Der Prozess und die Aufbereitung der Resultate wurden aber bewusst so aufgesetzt, dass alle Interessierten in der Region die Erkenntnisse als Leitlinien für die eigene strategische Arbeit nutzen kann», erklärt Charlotte Salzmann, Vorstandmitglied Verein Region Oberwallis. «Alle Informationen, Erkenntnisse und Resultate zur Erarbeitung des Zukunftsbilds sind daher öffentlich und kostenlos auf der Webseite des Zukunftsbilds zu finden.»
Quelle: Regions- und Wirtschaftszentrum Oberwallis